Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Übers Meer

Und so packten wir über Tage alles zusammen, verteilten, was zu verteilen war, bis unser Hänger alles fassen konnte, was mit sollte und fuhren gen Norden. Dort besuchten wir unsere befreundete deutsch-sardische Familie aus den Anfängen unsrer Zeit auf Sardinien und verlebten ein paar schöne Tage, tauschten Neuigkeiten aus und zogen weiter, entlang der Nordküste bis Castelsardo. Dort tauchten wir noch einmal für zwei Nächte in einen rein touristischen Campingplatz ein, was uns Erwachsenen nicht so gut gefiel, aber die Kinder waren begeistert. Hinter den Dünen brausten wundervolle Wellen und Alfred konnte endlich mal richtig Wellen reiten auf dem Board. Sie trugen ihn bestimmt dreißig Meter und er fühlte sich wie der King of the Waves. 

Mit Korsika Ferries setzten wir dann in der Nacht bis 11:00 Uhr des folgenden Tages von Portotorres über nach Frankreich. Italienisch wechselte in Französisch und nun waren meine Sprachkenntnisse gefragt. Vom monatelangen Leben unter Bäumen am Strand, warf es uns hinein in die sehr verbaute Cote d’Azure. Hochhäuser türmten sich auf und die Straßen waren verstopft. Im Hafen von Toulon lagen jede Menge Kriegsschiffe und ich musste Alfred lange erklären, was die da denn sollten. Wir fuhren und fuhren und wollten einfach erstmal eine Bäckerei finden um ein typisch französisches Frühstück mit Croissants und Baguette zu bekommen. Das war gar nicht so einfach, aber wir fanden ein kleines Städtchen in dem wir dann am engen, sehr feinsandigen und stark frequentierten Stadtstrand unser mittägliches Frühstück zu uns nehmen konnten. Weiter ging es über die mautpflichtige Autobahn mit ihren Bezahlautomaten, die mittlerweile fast alle per Telepass funktionierten und ich jedesmal ins schwitzen kam, ob ich auch in der richtigen Spur heran fuhr. Ich war nämlich schon mal in der falschen gelandet, konnte nicht zahlen und musste rückwärts mit Hänger wieder raus, was wegen der Auffahrschlange Panik in mir auslöste. Aber alles gut. Wir verzogen uns hinter Montpellier ins Languedoc und nisteten uns für zwei Nächte in einem mittelalterlichen Dörfchen ein, wo es ein weltoffenes internationales Hostel gab. Überraschenderweise waren wir in einer Gegend gelandet, wo das Töpfern eine alte Tradition hatte und wir konnten viele Ateliers besuchen. Es gab auch einen Fluß, der unweit vom Dorf aus einer typisch südfranzösischen Schlucht in einen kleinen Badesee mündete und wir freuten uns endlich wieder ins Wasser zu springen. Das war komisch, denn es schmeckte gar nicht mehr nach Salz…Da wir am Abend badeten, gab es nicht viele Besucher und wir beobachteten ein sehr artistisches Schauspiel: Eine junge Frau hatte sich eine Slackline über den Ausgang der Schlucht gespannt. Sie schwamm in die Mitte des Flußes und kletterte an einem dünnen Seil auf das schmale Band. Dort setzte sie sich ganz langsam drauf und kam freihändig in den Stand. Absolut unmachbar sah das für mich aus. Soviel Gleichgewicht und Kraft aufzubringen schien mir unmöglich. Ich war heran geschwommen, hielt mich am sonnengewärmten Felsen fest und schaute ihr aus dem Wasser zu. Dann lief sie auf dem Band hin und wieder her, bis sie mich sah. Sie war kurz irritiert und plumps, fiel sie die drei Meter in den Fluß. Das tat mir leid, aber ich applaudierte laut, da ich total beeindruckt war.

Sodann rollte unser Sixwheeler weiter auf die spanische Grenze zu und als wir das Land wechselten, war ich zunächst enttäuscht. Es wirkte alles gar nicht einladend auf mich und jeglicher Charme, der noch in Frankreich trotz Kulturschock im Vergleich zur Insel zu spüren war, schien einer kargen, sonnenverbrannten Tristheit zu weichen, zumindest entlang der Fahrstraße. Unser Weg sollte uns aber weiter in die Alta Garrotxa führen, einem der Pyrenäen vorgelagerten Gebirge in Katalonien. Dort wollten wir eine befreundete deutsch-katalanische Familie, die wir aus der Rhön kennen besuchen. Sie hatten in jahrelanger Suche ein verlassenes Bergdörfchen gefunden, in dem sie nun ein altes Steinhäuschen gemietet haben. Als wir die Landstraße verließen führte uns eine einspurige betonierte Gasse hinein in das Gebirge. Steineichenwald mit Kiefern und Wacholderbäumen durchsetzt, verschluckte uns. Die Serpentinen hörten nicht auf und wir schraubten uns immer höher. Es gab keine Ausweichbuchten, noch irgendwelche Befestigungen nach unten. Wenn uns jemand entgegen gekommen wäre, hätten wir ein Problem gehabt. Ging aber gut. Nach ca. 45 Minuten für 10 km kamen wir an. Das Erste, was uns auffiel als der Motor erstarb und wir ausstiegen, war eine fast himmlische Ruhe. Der Wind rauschte sanft durch die Äste der Bäume und der weite Blick in ein bezauberndes Bergpanorama verschlug mir fast den Atem. Nein, falsch, er animierte mich tief durchzuatmen : )

Was uns hier oben erwartete, hätte ich mir nicht träumen lassen. Solch eine Naturnähe kannte ich zwar von meinen Reisen, aber es kam noch besser!

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