Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Es geht ans Eingemachte…

Meine Füße unterm Tisch stehen in einem warmen, basischen Wasserbad und die Weihnachtsbeleuchtung erhellt still die Nacht. Noch vor ein paar Tagen schien es so, als würden wir in den Genuss einer weißen Weihnacht kommen, doch die Wettergeister haben sich umentschieden. Die Gummistiefel der Kinder sind mittlerweile nicht mehr am schlittern auf Eis, sondern mit Matsch verschmiert und alles deutet auf eher schlammige Weihnacht hin. „Hatschi“ donnert durch die Flure, die zweite Schnupfenwelle hat uns voll im Griff. Zum Glück wärmen uns die Flammen im kleinen Öfchen und der Backofen zaubert fruchtiges, winterliches Gebäck und frisches Brot. Von überall her hören wir Schicksalsgeschichten, von Krankheit und Krisen, von einschneidenden Überraschungen und eine bleierne Schwere hängt wolkig über unser aller Sein. Ich frage mich warum das so ist und mir kommt das Bild einer Visionssuche, die ich einmal machte. Da traf ich nach tagelangem Fasten im Wald auf einen Baum unter dem lauter Gläser mit selbst gemachten Marmeladen, eingemachten Bohnen, Gurken und Karotten abgeladen waren. Ein sehr ungewöhnliches Bild, welches sich in meinem Wortsinn sofort zu erkennen gab: „Ab jetzt geht es ans Eingemachte“. Die Jahre danach schlitterte ich in die größte Veränderung meines bisherigen Lebens und es stellte sich heraus, dass diese Begebenheit zutreffend war.  

Als wir dieses Jahr, Ende Oktober, wieder nach Deutschland kamen, besuchten wir auf dem Weg zurück in die Rhön im Odenwald noch eine befreundete Familie, die wir in Sardinien kennen gelernt hatten. Es regnete und kurz vorm Ziel mussten wir noch eine Pippipause einlegen. An diesem Feldweg, unter einem Baum, stand eine kleine Obstkiste mit eingemachter Konfitüre, Hagebutte und Zwetschgen, und sofort kam mir meine Visionssuche von damals wieder in den Sinn. Nach nun fast zwei Monaten kann ich sagen, dass auch jetzt eine Zeit angebrochen ist, in der es ans Eingemachte geht und wir vom Leben aufs herausfordernde geprüft werden. Was will angeschaut und gehört sein? Welche Altlasten und Leichen liegen in unseren Kellern? Was will gelöst und transformiert werden? Für mich stellt sich das hauptsächlich in der Frage dar, wie ich denn wirklich weiter das Leben gestalten möchte und kann. Wieviel bin ich bereit loszulassen, zu verändern und welche Türen stehen mir offen, bzw. bin ich bereit zu öffnen? Das Leben hier ist voller Dinge, die wir ständig verwalten müssen und es bleibt kaum Zeit zu uns Selbst zu kommen. Wir sind ständig am ‚machen‘, produzieren, kaufen und verkaufen, flicken, reparieren, versorgen… und die Sorgen hören nicht auf. Das Leben mit wenig Gepäck, offen für die Geschenke jeden neuen Tages, waren so segensreich und heilbringend, dass das Leben in der Heimat eher wie ein Freigang mit Ketten und Eisenkugeln an den Knöcheln wirkt. Vielleicht sehe ich das zu düster und Freunde wollen mir dauernd versichern, dass es doch gar nicht so schlimm ist. Ich spüre jedoch zutiefst, dass mich, zurück im deutschen Alltag, der hiesige Duktus zunehmend lähmt und träge macht. Ich möchte mich auf jeden Fall leichter fühlen dürfen und trenne mich gerade von jahrzehntelang gehorteten, lieb gewonnenen Schätzen, die mich eigentlich nur in längst vergangenen Erinnerungen festhalten. Ich habe diese Dinge nur noch, lebe sie aber nicht, also dürfen sie gehen. Ebenso nutze ich diese dunklen Tage, um meine Physis zu entschlacken und zu reinigen. Meine Zellen sollen wieder die Chance haben licht und rein zu werden, so auch mein Verstand und mein Geist. Ich bin durchaus kein Gesundheitsapostel und die einhergehenden Anwendungen und Einschränkungen fallen mir nicht wirklich leicht, aber in kleinen Schritten versuche ich mich auch hier von eingelagertem altem Zeug zu verabschieden. Welche Wirkung es zeigen wird und wie ich mich dann fühlen werde, lasse ich euch gerne wissen.

So wünsche ich euch ein gesegnetes und Licht bringendes Weihnachtsfest. Möge euer Sehnen und Hoffen auf eine bessere Welt, sich verwandeln in ein aktives Aufbrechen in eine neue Zeit.

Lebet den Tag! (und die Nächte natürlich ebenso : )

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