Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Sich über Wasser halten

Sich über Wasser halten

November. Nasskalter Nebel kriecht förmlich durch die Ritzen. Die selbst gesägten und gehackten Scheite flackern im Öfchen und die urige Wärme umarmt mein leidendes Gemüt. Hälse schmerzen, Schleimhäute trocknen aus, Augen tränen und die Nasen haben es „voll“ satt und schniefen schnarchend durch die Nacht. Wir töpfern, malen und werkeln uns kreativ durch diese Zeit. Empfangen Besuche aus aller Welt, feiern Geburtstage, machen Musik und kleine Videos davon, erfreuen uns an zweiminütigen Sonnenstrahlen innerhalb von 72 Stunden und kramen lange Unterhosen aus dem Verlies…

…und meine Seele weint. Überall greift Krankheit um sich und die Menschen wuseln weiter wie Ameisen, denen jemand auf den Kopf gepinkelt hat. Wenn man vom Verstand ins Herz gerutscht ist, dann ist diese Welt ein Trauerspiel, dann tut es richtig weh. Aber das sind nur die Momentaufnahmen der negativen Seiten, die bekannterweise eine dominantere Art haben in unserem Gedächtnis zu bleiben. Bei genauerer Betrachtung gibt es jeden Tag unendlich viele tolle Momente, Informationen und Botschaften, vor allem mit Kindern. Zwar kann deren total überhöhter Energiepegel in einer kleinen Wohnung schnell zu einem sich aufschaukelnden Stressfaktor werden, aber die Lichtblicke sind nahrhaft und halten uns in diesem winterlichen Grau bunt und vital. Eine Massage hier, ein Fußbad da, ein Sonnengruß (Yoga) ohne Sonne, die Welt Kopf stehen lassen mit einem Kopfstand, barfuss im Schnee staksen, dann Wollsocken drüber und sich am pulsierenden Prickeln erfreuen, gutes Essen zubereiten und den zarten Spuren von liebevollem Umgang folgen und Herzenshüpfer begrüßen. Schnell verliere ich mich dieser Tage, ertappe mich beim Fallen in routiniertes Rollenspiel, lasse mich von Ärger und Zorn übermannen, steige in alte Muster ein und beginne zu jammern.  „So menschlich und zerbrechlich wir sind.“ Und dann wieder rausholen, sich spüren, fühlen, wie es einem genau geht. Nicht analysieren, nur fühlen, empfinden, wahrnehmen, beschreibende Worte sind manchmal schon zu viel, nix erklären müssen, kein reagieren, nur beobachten, ins pure Sein gehen, nicht bewerten, einfach das lebendig Sein erfahren. Das Gedankengewitter abstellen, denken nicht erwünscht, nur wenn Verstand es braucht und es will, ansonsten Schnauze halten da oben. Atmen. Schwingen und in Bewegung gehen. Tanzen. Mein Mülleimer ist voll. Ich verabschiede mich jeden Tag von alten Glaubenssätzen und wundere mich wie hartnäckig deren Dreck in mir klebt. Frage mich, was übrig bleibt, wenn all die gelernten Muster ausgemustert sind?  (Pause. Lange Pause.)

Ein liebendes, glückseliges Wesen!

In diesem Sinne immer schön über Wasser halten, atmen und lächeln, das hilft.

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