Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Der Ruf der Wildgänse

Erstaunlich und spannend sich selbst beim denken/schreiben zu beobachten. Das was ich gestern schrieb, fühlt sich heut schon nicht mehr so an und morgen schlage ich vielleicht die Hände überm Kopf zusammen. Momentaufnahmen im Fluss des Lebens. Also, nicht alles bitterernst nehmen. 

Das, was ich allerdings wirklich erlebe, was mir wahrhaftig widerfährt und nicht auf gedanklichem Achterbahn fahren beruht, ist dauerhaft, weil einzigartig. Heute Morgen, 6:30 Uhr, kommt mein sechsjähriger Alfred ans Bett und ist überschäumend vor Energie und Freude: „Es hat geschneit, Papa, guck raus, das ist Schnee…“. So schön dies mitzuerleben, immer wieder, kindliche Faszination, so echt, so pur, so überbordend und ungebremst. Ein paar Minuten später im Bad sagt er: „Laß uns rausgehen, hier drinnen bekommen meine Antennen keinen Kontakt zum Schnee. Ich kann ihn nicht fühlen.“ Nach diesem Satz war ich schlagartig wach und ich sage: „Komm!“ In Pyjamahose und einem übergeworfenen Poncho stakse ich barfuß in die weiße Winterwelt, Alfred hinterher. „Ich zieh mir Gummistiefel an. Meine Kinderfüße halten das noch nicht so gut aus…“ „Klaro.“ Wir hüpfen freudig im Schnee umher und lachend purzeln wir wieder ins Haus. Ach tut das gut.

Eine Stunde später wechsle ich notgedrungen endlich die Reifen am Auto. Alfred liebt Rock’n’Roll, genau wie Papa und so läuft morgens um acht in der Garage ein Mix von RocknRoll aus den 50iger und 60iger. Dann passiert folgendes: Beim lösen der exakt letzten Radschraube bricht mir das Werkzeug ab und ich halte nur noch den Eisenstängel in der Hand und der Rest des Schlüssels steckt auf der Schraube in der Vertiefung. Völlig verblüfft schaue ich das Ding an und im selben Moment ist eine Pause zwischen zwei Liedern und ich höre vom Himmel herab den Ruf der Wildgänse. Das neue Lied beginnt auf italienisch „Buena Sera Signorina, Buena Sera…“ von Louis Prima und ich schau zu den Vögeln hoch. Sie kamen von Norden, hielten direkt über  mir, eine Wildgans flog aus der Formation heraus und die anderen flogen im Kreis und warteten bis die eine sich orientiert hatte. Dann ordneten sie sich wieder in Flugformation. Ich rannte ins Haus um den anderen Bescheid zu geben, doch bis wir das Fenster aufbekamen waren sie schon weg. 

Kopfschüttelnd machte ich mich wieder ans Reifen wechseln und sinnierte über das Erlebnis. Ich brech mir hier buchstäblich einen ab und dort oben die fliegen in den Süden, nach Italien, wo es heißt: Buena Sera…

Wieder mal so ein Traumerleben im ganz normalen Wachzustand. Wenn du das träumen würdest, wie würdest du es interpretieren? Na? Genau. Lass alles los und flieg so leicht wie ein Vogel wieder nach Sardinien. Dieser Morgen war ein Lichtblick in dieser dunklen Zeit.

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