Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

From the blog

Mann-O-Mann

In den 80igern sang Ina Deter „Neue Männer braucht das Land“ und ein paar Jahre später stellte sich Herbert Grönemeyer die Frage „Wann ist ein Mann ein Mann?“. Tja, ihr Männer und Frauen, habt ihr darauf eine Antwort gefunden? 

Ich nehme meinen Gedanken die Essenz einfach mal vorneweg: Ich bin Mensch! 

In welchem Körperkostüm meine Seele nun auch immer stecken mag. Alle Rollenbilder, die wir von männlich und weiblich haben, sind wie alles andere auch nur Prägungen, Projektionen und Bilder auf der Suche nach unserer eigentlichen Identität. Männer entdecken die Frau in sich und Frauen den inneren Mann und alle haben wir das aus der Einheit gefallene innere Kind in uns. Diese Suche führt die Geschlechter durch mannigfaltige Erfahrungen und wir probieren jede Menge Klamotten aus, gehen trendigen und typischen Beschäftigungen nach, durchleben verschiedene Verhaltensmuster, tragen Frisuren aller Art, verbringen viel Zeit mit Körperkult, stellen uns in den Vorder- oder Hintergrund, durchleiden Scham und Unvermögen, verstecken uns hinter tollen Masken der sogenannten Männlichkeit und Weiblichkeit, damit wir magnetische Kraft aufeinander ausüben und erleben. Denn ist es nicht das, was hinter allem steckt? Mal ganz ehrlich. Der Wunsch nach dem vereinten Sein mit dem anderen Geschlecht, oder dem Einheitserlebnis, welches dahinter wie ein alles überscheinendes Licht der Liebe seine Strahlen leuchten lässt? 

Damit möge jede/r seine eigene Geschichte und seine mehr oder wenige ehrliche Art der Betrachtung haben, von oberflächlich bis in tiefste Tiefen. Mir ist auch klar, dass die Facetten des Mann oder Frau-Seins geschichtlich unendlich viel Stoff für entlarvende Betrachtung bereit hält und dies ja Gott sei Dank auch erhellend beleuchtet und diskutiert wird. Momentan für mich spannend jedoch, ist hier in Sardinien die Erfahrung eines Männerkreises, welcher auf einer Ebene stattfindet, die für mich unter einigen Aspekten neu ist. 

Zuerst einmal ist da das Alter: Ich gehöre mit meinen 57 Jahren zu den Älteren. In meinen früheren Erfahrungen aus Männergruppen war ich eher einer der Jüngsten. Es gibt noch einen 10 Jahre älteren Mann aus Deutschland unter uns, der schon vor über einem Jahrzehnt das Leben auf Sardinien gewählt hat. Die anderen sind zwischen Mitte 30 und 50. Manche Väter, entweder in Familien oder getrennt lebend und andere allein lebend oder in wechselnden Beziehungen. Die Jüngsten sind die Söhne im Teenageralter und in Zukunft vielleicht hie und da die kleineren Jungs, je nach dem, wie es das Leben es so einfädelt.

Ich bin zur Zeit, glaube ich, der einzige unter uns, der schon einmal eine Familie mit Kindern hatte, die mittlerweile erwachsen sind und nun nochmal Vater von zwei Kleinen ist und in meinem Alter diese, zu früher sehr unterschiedliche Erfahrung, durchlaufen darf. Mir sind die Sorgen und Fragen dieser jungen Väter sehr vertraut. Und ich schaue mit wachen und neugierigen Augen darauf, wie sie ihre Herausforderungen meistern.

Ein weiterer Aspekt ist die besondere Situation, dass momentan keiner von uns in der Alltagssituation ist, einer geregelten Arbeit nachgehen zu müssen und dieses gesellschaftlich so normal erscheinende System auch bewusst hinter sich gelassen hat. Wir sind fern von der Heimat, sofern wir eine haben und was wir als solche bezeichnen. Manche als Systemflüchtlinge, Reisende, Zeit-Reisende, Suchende…

Wir befinden uns auf einer Insel, zwar groß und mit allen Spuren der heutigen Zivilisation und dennoch mit natürlichen Refugien, die uns in Deutschland z.B. nicht mehr in dieser einfach zugänglichen Form zur Verfügung stehen. Wir treffen uns alle 14 Tage und wandern vorerst am Strand entlang und steigen dann in den Berg hinein, bis zu einer Stelle, wo eine sehr alte Höhle der Platz für unseren Kreis bildet. Diese Kulisse erzeugt in seiner rauhen Natürlichkeit eine Gänsehaut erzeugende Nähe zu den Elementen und lässt unsere archaische Verbundenheit in ferne Vergangenheit unserer Ur-Ahnen erspüren. 

Und der wirkungsvollste Aspekt ist die nackte, ehrliche Art des miteinander Teilens unserer zutiefst sitzenden Blockierungen, Befürchtungen oder vom Schicksal mitgegebenen Geschichten, mit all ihren Irrungen und Wirrungen. In einer offenen und schonungslos entblößenden Art, wie ich das von früher her nicht kenne, beleuchten wir unser Mannsein. Ich spüre daran, dass die Suche der jüngeren Männer andere Wege gehen konnte, wie es meiner Generation nicht möglich war und die sind rückblickend schon enorm gewesen gegenüber den Möglichkeiten meiner Elterngeneration. 

Hier in Einzelheiten einzusteigen, wäre ein buchfüllendes Thema und dieser Blog ist nicht der geeignete Ort dies zu tun. Aber über das atmosphärische Erleben eines Mannes auf der Suche nach seiner tieferen Identität, schreibe ich auch in meinem gerade entstehenden Roman, der voraussichtlich den Titel „Segeln ohne Segel“ tragen könnte. Ich arbeite täglich daran und liebe den kreativen Schub, der mir hier in Sardinien endlich zur Möglichkeit wird. 

4 comments

    1. Hey Markus, danke für deine motivierenden Worte. Ich tauche mit dem Schreiben am Buch in eine Art Paralleluniversum und lebe scheinbar in zwei Welten…, faszinierende Erfahrung. Auf das Ergebnis bin ich ebenso gespannt, denn so ein Roman entwickelt durchaus ein Eigenleben und entsteht nicht nur aus geplanter Komposition. Kreativität diesbezüglich erfahre ich gerade in einem neuen schöpferischen Flow, der mir aus der Musik zwar bekannt ist, aber eine im Wesen ganz andere Spannweite besitzt. Bis zum Ende wird noch etwas Zeit vergehen, aber die ersten 100 Seiten sind geschafft.
      LG Tommy

  1. Salut Tommy,
    kreuz und quer lese ich sehr gespannt über euer Abenteuer und deine Gedankengänge. Alles gute und weiter so. Liebe Grüße aus Kölle, Sylvie

    1. Hey, wie schön von dir zu hören. Aus einem schier endlosen Summerfeeling, fern von gewohnt deutschen Gefilden, sende ich dir satte Vollmondgrüße 🙂

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *