Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Lichtertanz

Der August ist schon zur Hälfte herum. Die schwüle, heiße Phase in der man nachts nicht schlafen kann und sich fühlt, wie in einer Sauna mit Aufguss, ist zum Glück vorbei. Das war echt krass. Ich erwachte nachts und alles in mir lechzte nach Abkühlung. Ich kroch nackt aus dem offenen Zelt, stellte mich unter die Freidusche und ließ das lauwarme Wasser genussvoll über mich rieseln. Ohne mich abzutrocknen legte ich mich in die Hängematte und ließ mich von dem kaum spürbaren Luftzug etwas kühlen. Wie gesagt, die Phase ist vorbei, es hat nun deutlich kühlere Temperaturen, selbst das Meer ist wieder erfrischend und es gab neue Strömungen mit hohen Wellen. Auch die sind wieder verebbt und Klarheit durchzieht Wasser und Himmel. Alles verändert sich, durchatmen und genießen. Heute Nachmittag schnorchelte ich ewig mit Alfred und wir entdeckten soviel Neues. Wenn das Licht der Sonne tiefer sinkt und sich in bestimmten Winkel im Wasser bricht, dann leuchten die Lichtspiegelungen auf dem Meeresgrund in den Spektralfarben. Eine Augenweide, die uns nicht mehr losließ. Ein endloses Farbenspiel, welches wirkte wie eine Unterwasserdisco. Die Fischschwärme reflektierten es ebenso und all ihre Eigenfarben strahlten so unwahrscheinlich intensiv. Beine in die Luft und hinunter in dieses Inferno von schwimmenden Regenbögen. Wir wurden Teil von dieser Wunderwelt, ließen Luftblasen aufsteigen und durchzogen das salzige Nass, als ob wir selber Fische seien. Als es nachließ und die Sonne hinter den Bergen verschwand, stiegen wir auf unsere Boards und paddelten durch die Wogen hinaus aufs offene Meer, soweit bis die Geräusche vom Strand mit seinen Menschen und dem Wellenschlag nicht mehr zu vernehmen war. Draußen machten wir Sprünge in das überaus klare, ungefähr 10 Meter tiefe Wasser unter uns. Es ist so herrlich dies mit ihm zu teilen. Unglaublich, vor zwei Monaten konnte er noch nicht mal schwimmen und jetzt steht er auf dem SUP und traut sich weit hinaus und springt ohne Angst in die Fluten. Das Meer, ich nenne es mittlerweile „Mama Mare“, ist ein so tolles Element. Es trägt uns, beschenkt uns mit soviel Schönheit, stärkt unsere Körper und ist ständig da (im Gegensatz zur Nordsee). Ich möchte es wirklich nicht mehr missen und bin jeden Tag dankbar für seine Gegenwart. 

Die Tage werden nun deutlich kürzer und in den Abend- und frühen Morgenstunden ziehe ich schon wieder freiwillig etwas Langärmeliges an. Das erinnert daran, dass es auch noch andere Jahreszeiten gibt, obwohl es sich nach wie vor so anfühlt als wäre ein ewiger Sommer ausgebrochen und ich keine andere Garderobe benötigte als Badehosen. Der Gedanke, dass es wieder kalt werden könnte, oder das sowas wie Winter, Schnee und Eis existiert, scheint so absurd und unendlich weit weg. Es liegt mir auch fern, mir dadurch den Moment madig machen zu lassen. Im Gegenteil, ich surfe weiter auf der Welle von Freiheit, Gelassenheit und Kreativität. Meine neue Passion ist neben der Musik wirklich das Schreiben geworden. Dieser Blog hier machte den Anfang und den wenigen Lesern und Leserinnen sei Dank, dass sie mich immer wieder ermutigen weiter zu schreiben, weil es ihnen gefällt. So begann ich einen Traum, den ich schon mit 18 träumte: Ich schreibe ein Buch, eine Story, ein Roman, und der wächst und wächst. Es ist eine wundervolle Arbeit in die soviel Herzblut fließt, wie selten zuvor. Ob es mal Geld bringen wird ist momentan zweitrangig, aber der Schaffensprozess ist so labend und lebendig, wie das Leben selbst. Ich nehme mir diese Freiheit und verabschiede mich zunehmend von den Zügeln einer Lebenshaltung, die mich all die Jahre kurz gehalten halt. Es gibt kein Halten mehr und ich sehe es nicht mehr ein, kostbare Lebenszeit zu vergeuden in unnötig produzierten Problemfeldern, Egoismen und fremden Glaubenssätzen, die mir eingepflanzt wurden. Es ist an der Zeit, dem endlich zu entwachsen und sich von einer längst überholten Denkweise und Lebensvorstellung endgültig zu verabschieden. Mein ganzes Leben ordnete ich mich diesen Anpassungsvorgaben der Eltern, Lehrer, Kirche, Vorgesetzten, sozialen, wirtschaftlichen und staatlichen Kontrollmechanismen irgendwie unter. Machte mir zwar vor anders zu leben und zu sein, aber in letzter Konsequenz funktionierte ich doch so, wie es von mir verlangt wurde. In meiner Jugend fand ich die Punks, die wirklich auf alles geschissen haben, einerseits faszinierend und doch auch abstoßend. Ich setzte nie alles auf eine Karte und hatte viel zu viel Angst und anerzogene Unsicherheit im Gepäck. Ich wollte nicht wirklich brechen, wollte weiterhin geliebt sein und ging all die Emotionalverträge und Lockangebote ein. Das Leben war dadurch scheinbar ausgeglichen und durchaus angenehm. Ein ständiger Balanceakt, zu gefallen und nicht zu sehr aufzufallen. Ich machte meine freiheitlichen Schlenker, Ausbrüche, folgte aber immer wieder mehr oder weniger dem Mainstream und redete mir ein, dass das halt nicht anders geht. Doch das ist schlichtweg eine Lüge. JETZT lebe ich wahrhaftig im Moment und mache eine unglaubliche Erfahrung: Wir brauchen die ganzen  …-ismen überhaupt nicht und es geht sehr gut minimal-materialistisch zu leben und dennoch in Fülle zu sein. Ich fühle mich mit wenig sogar reicher als zuvor, denn ich durfte die Zeit überwinden und trage keine Ketten, die mich tagtäglich zu etwas anderem verpflichten, weder mich, noch meine Kinder. So paddele ich weiter aufs offene Meer und weiß, das Wasser des Lebens trägt mich und was kommen soll, wird kommen. Also, Schiff ahoi und weiter geht’s!

2 comments

  1. Nach längerer Pause mal wieder hier herein geschaut. Ach Tommy, es war wieder so schön, von deinen Abenteuern und Erkenntnissen zu lesen. Sei ♥️lich gegrüßt

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