Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Es regnet Aprikosen

Ich denke, es sind drei Wochen her, da ich das letzte mal in die Schreibmaschinentasten gehämmert habe und dazwischen hat soooooviiieeeel Leben statt gefunden, dass ich gar nicht weiß womit ich anfangen soll. Vielleicht erzähle ich einfach ein paar lustige Anekdoten:

Da wir meine beiden Söhne Mikka und Merlin an zwei aufeinanderfolgenden Tag an zwei unterschiedlichen Flughäfen abholen mussten, hatte ich einige Kilometer zu „schrubben“ und das auch nachts. Bergige Serpentinen, ohne Fahrbahnmarkierungen und Leuchtpfosten sind schon ziemlich herausfordernd mit einem vollbesetzten Auto mit Anhänger. Wenn dann nachts plötzlich die Beleuchtung ausfällt und nur noch ein Abblendlicht funktioniert, dann wird es spooky. Ein paar Tage später wahr ich auf der Suche nach einem Autoteilezubehörladen, den ich auch in dem kleinen Örtchen Barisardo fand. Ich hatte die benötigte Glühbirne ausgebaut und mitgenommen und betrat den kleinen, chaotisch wirkenden Laden. Gleich einen Meter nach dem eintreten befand sich die kleine Theke, rundherum war alles mit Kisten und Stapeln von Autoteilen zugestellt. Hinter dem Tresen gingen kleine dunkle Gänge zwischen deckenhohen, voll gestopften Regalen ins scheinbare Nirgendwo. Die Türglocke klingelte, niemand erschien. Ich rief ein laut vernehmbares „Buon Giorno“ in die Gänge und irgendwo da hinten murmelte eine alte, nicht ganz zuzuordnende Stimme etwas auf italienisch, was ich nicht verstand. Nach zehn Atemzügen erschien der gebeugte Kopf einer buckligen alten Frau von ca. 80 Jahren zwischen einer der düsteren Regalschluchten. Sie hob ihren Adlerblick aus drei Metern Entfernung und fragte: „Uno o due (eine oder zwei)?“ Etwas verblüfft dreinschauend antwortete ich „Due, perfavore“ und fragte mich, woher sie wusste, was ich denn überhaupt wollte. Hatte sie die Birne in meiner Hand von dort hinten erkannt und wusste, welches Fabrikat es war? Wahrlich, sie stellte mir zwei Kartönchen mit der richtigen Birne auf den Tresen und versuchte ihr Abrechnungssystem in Gang zu setzen…

Als ich den Laden verließ ergoss ich mich in ein schallendes Lachen. Diese Frau hatte gerade das ganze männliche Fachpersonal deutscher Autoteileverkäufer in ein echt schräges Licht katapultiert. Wie oft geht es mir zuhause so, dass ich meinen Fahrzeugschein brauch um ein kleines Birnchen zu kaufen. Da wird im Computer gesucht und gesucht und und und…aber diese besondere alte Dame hatte es sofort erfasst, wie auch immer. Ein echt amüsanter Besuch, fast wie in einem der Zauberläden in dieser Gasse von Harry Potter. Ich hätte gerne auf italienisch einen Plausch mit ihr gehalten, aber dessen bin ich leider nicht mächtig, noch nicht.

Eine andere süße Geschichte, war folgende:

Ich stehe am letzthin beschriebenen Kindertag mit einem Vater unter der großen Pinie und wir unterhalten uns über das beliebte Thema der Fülle und dem Mangelbewusstsein, welches die meisten von uns irgendwie integriert haben. Während wir da so stehen, fallen uns plötzlich Aprikosen aus dem Baumnest von oben vor die Füße. Wie selbstverständlich bücken wir uns, lesen die reifen Früchte vom Boden auf und vernaschen sie inmitten unseres Gesprächs. Wir wussten beide, dass die Früchte von unseren Kindern dort oben aus dem Baum kamen, sie hatten sie mit dem Korb an der Seilwinde nach oben gezogen. Ich liebe es, Erlebnisse herauszulösen und wie ein Bildgewebe eines nächtlichen Traumes zu betrachten. Ist das nicht ein schönes Bild? Während wir über den Mangelzustand reden, fallen uns die reifen Früchte vor die Füße…

Kurze Zeit später, wir tauchen mit den Kindern gerade im Meer, schwimmt mir ein herrenloser linker FlipFlop-Schuh vor die Nase. Größe 44. Marke Ipanema, made in Brazil. Ich lache in mich hinein und denke, na, der hat aber einen weiten Weg hinter sich. Ich habe dieselbe Schuhgröße und vor ein paar Tagen noch, hatte ich gedacht, ob ich mir ein Paar FlipFlops hole, da die Steine und der Sand nun wirklich zu heiß wird um barfuß länger darüber zu laufen. Ich schaute über den Strand, keine Menschenseele außer uns. Der gehört hier niemand. Dann ruft Alfred von hinten: „Papa, ich hab einen Schuh gefunden“, „Nein“, „Doch“, „Ich auch“. Ich schwimme zu ihm hin, wir halten die Schuhe nebeneinander und sehen, es ist der rechte Flip vom Flop. Ich schwimme an den Strand und probiere sie an, passen 100% und sind noch gut in Schuss, nur vollgesogen. Ist das nicht irgendwie crazy? So funktioniert doch eigentlich Zauberei. Ist das die Manifestation, von der alle immer reden? Ich bin total fasziniert von diesen scheinbar kleinen Begebenheiten, die wie kleine Wunder wirken und nicht wie Zufall.

In diesem Duktus passieren hier dauernd kleine Fügungen und ich schreibe sie mittlerweile einem zunehmend gereinigten Körper und Geist zu, der nicht mehr verstrickt und irregeleitet ist von millionenfacher Informationsflut und Umweltgiften unserer aktuellen Welt. Der Gedanke, wieder zurück zu müssen in die „alte“ Welt, mit ihren aufgepfropften Dauerthemen und Problemen, ihren fragwürdigen Regelungen und Gesetzen, wird zunehmend zu einem „No Go“-Gedanken. Doch die Zeit der Entscheidung rückt unleugbar näher. Spätestens im Oktober müssen wir weiterplanen, wobei ich soviel Pläne gesehen habe, die sich von jetzt auf gleich in Luft aufgelöst haben, enttäuscht wurden oder sich als Luftschlösser entpuppten. Einerseits möchte ich gerne etwas planen und meine Kraft und Absicht darauf fokussieren, andererseits möchte ich auf FlipFlops warten und nach vom Himmel regnenden Aprikosen Ausschau halten. 

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