Die sommerliche Temperatur klettert locker auf 40 ° C, gestern sogar 43°, und selbst im schattigen Schutz der Bäume, in der Hängematte dösend, fühle ich mich wie die Pizza im Backofen. Der kühlende Wind, der normalerweise übers Meer streicht, flaut an manchen Tagen ab gen Null. Dann wirkt das Mittelmeer, wie eine stehende Baggerseelache und die sonst so rettende Erfrischung beim Sprung ins Wasser, wirkt nur noch kurzfristig gegen die fiebrige Körperhitze. Das schwächt irgendwie das komplette Daseinsgefühl und es tauchen plötzlich kleine Schwindelattacken, Erschöpfung, De-Hydrierung, Magen-Darm-Geschichten, Hautprobleme und sonstige Symptome auf. Aber auch die Kreativität lässt nach, bei mir zumindest. Stephanie hatte die Tage endlich die Muse geküsst und es entstanden neue Bilder und eine sehr geglückte Textpassage für ein Kinderbuch, welches schon lange als Idee besteht. Alfredo behielt vier Tage kein Essen in sich, krass, wie schnell so ein Kind dann total dünn wird. Dann, schlagartig, kam die Energie und der Appetit wieder zurück.
In solchen Phasen schraube ich Aktivitäten komplett runter, da die grundlegenden Versorgungstätigkeiten schon genug Kraft kosten. Dennoch ist es mit Kindern halt nicht so, dass ich mich einfach in ein Buch sinken lassen kann. Übrigens, ich lese gerade vier Bücher gleichzeitig. Je nach Interesse und Stimmung mal eine Passage hier und dann ein Kapitel da… Komische Sache. In den Zeiten vor PersonalComputer und Smartphones, da las ich ein Buch und tauchte darin ab. Dann verging eine Zeit, ich verdaute den Lesestoff und erst dann trat das nächste Buch in mein Leben. Durch die digitale Zerstückelungstechnik veränderte sich diese Verhaltensweise zunehmend, nicht nur beim lesen. Das Musik hören mit Schallplatten verlief auch eher genussvoll, mit Zeit und Muse beim Hinhören. Ich hörte eine LP komplett, Vorder- und Rückseite, tauchte ein in die Komposition. Mit CD skippte man schon mal schneller zum nächsten Song, aber heute mit mp3, da schafft es kaum ein einziges Lied bis zu Ende. Überhaupt hat sich der Genuss des sinnlichen Erlebens von Musik, Büchern oder Filmen dermaßen verändert, dass hier eigentlich auch nur noch von maßlosem Konsum gesprochen werden kann. Und zwar in einer Dichte und Selbstverständlichkeit, dass ein Leben „ohne“ gar nicht mehr lebenswert erscheint. Selbst wenn ich die Leute hier in ihrem Urlaub beobachte, da ist Handy dauernd am Start. Morgens aus’m Zelt raus und der erste Blick geht ins Kästli. Die Welt scheint ohne nicht mehr zu funktionieren. Wenn ich zwei Tage das Ding nicht anfasse, dann überkommt mich fast ein Schuldgefühl, dass ich irgendjemandes Nachricht nun vielleicht zu spät erblicke…um Gottes Willen, wie schräg ist das denn???
Meine Worte sind für jüngere Generationen vielleicht gar nicht nachvollziehbar, aber ich stamme noch aus Prä-Digitalem Zeitalter und weiß noch von einem Leben „davor“.
Shit, das klingt bestimmt doof in manchen Ohren. Nein, ich verteufle nichts und ich predige auch nicht, dass früher alles besser war. Ich finde das Internet nach wie vor klasse, aber mir macht die Abhängigkeit, Kontrolle und der Suchtcharakter in diesen Medien höllische Angst, da ich sehe, wie ferngesteuert die Menschheit dadurch wird und wie diese Dinger unsere Lebenszeit aus uns heraus saugen. Und ich sehe, wie Menschen nicht mehr selbst ihr Leben in die Hand nehmen, sondern ihr Huawei, Sony oder I-Phone dort seinen Platz hat. Wir geben unsere Orientierung, Bildung, Entscheidung und Verantwortung…ab, lassen uns sagen was richtig und falsch ist, und verlieren das Gefühl für eine selbstgesteuerte, eigenmächtige Unterscheidungsfähigkeit. Das geht so weit, das ich den besten Weg zur Autobahn kenne, das Navi mir aber sagt, ein anderer sei kürzer und dann traue ich mir nicht mehr selbst und fahre den nächsten Feldweg rein und gurke einem blödsinnigen Streckenverlauf entlang…
Müssig darüber nachzudenken, aber intuitives Schreiben führt mich nun mal zu Themen, die in mir wohnen und auftauchen. Ich stelle für mich einfach fest, dass diese moderne Medienkultur schlimmer wie eine Zigarettensucht wirkt und ich sehe, dass sich viele Menschen in den 24 Stunden eines Tages mehr als die Hälfte in dieser virtuellen Welt aufhalten und sich ihren Alltag von ihr bestimmen lassen. Das kann nicht wirklich gut sein. Wir verlernen dabei das „echte“ Leben aus uns selbst heraus und kopieren mehr und mehr eine vorinszenierte Welt. Dadurch besteht die Gefahr, dass wir dann eines Tages zum Abbild einer künstlichen Intelligenz werden, die uns nach Belieben kontrollieren, betreiben und wenn beliebt auch abschalten kann. Und das alles unter dem Deckmantel der Freiheit, dass wir frei in unserer Entscheidung sind, was und wieviel wir konsumieren wollen, aber es ist und bleibt halt Konsum. Ich bin jedenfalls froh hier draußen nicht überall Netz zu haben und dann bleibt das Ding eben aus.
Letztenendes ist es wie mit allen Lebensinhalten, es bedarf unseres Bewusstseins und eines gesunden Umgangs, der rechten Dosierung und dem Wissen, was wir da tun. Sonst gilt das alte Sprichwort: Gott vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun…