Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

From the blog

Pfannenbrot, Fliegen und Selleriesaft

Hast du schonmal versucht zu meditieren und es krabbeln siebzehn Fliegen auf dir herum? Letztesmal war das so krass in Neuseeland, da versuchte ich den beißenden Sandflies mit innerem Frieden zu widerstehen. War eine Übung, aber das Jucken hinterher dauerte Tage. Es ist wesentlich klüger unterm Moskitonetz zu sitzen. Dem inneren Frieden hilft es ungemein, schneller und ruhiger in dein Fühlen und Wahrnehmen treten zu dürfen… Aber nicht nur Meditieren oder Yogaübungen werden von den sommerlichen Fliegen attackiert, vor allem beim Essen sind sie in Überzahl anwesend und ärgern das ein oder andere Gemüt. Ich selbst komme ganz gut damit zurecht, aber Alfred kämpft gerade mit seiner Geduldsgrenze. Mich hatte eher die Moskitowelle geschockt. 1-2 Stunden in der Abenddämmerung waren im Juni die Hölle für mich. Da half nur ins Meer gehen oder ins Zelt, doch für letzteres war es noch zu früh und zu warm. Irgendwie muss man sich mit der Natur arrangieren und seine Gewohnheitszeiten anpassen, ansonsten leidet man. Gerade ist Wespenzeit. Als Vegetarier nicht so schlimm, aber sobald Wurst oder Fleisch in der Nähe ist, kommen sie in Scharen. Ich dachte früher immer die stehen auf süß, aber hier fahren sie voll auf totes Tier ab.

In weiser Voraussicht hatten wir zwei Säcke Roggen- und Dinkelmehl aus deutschen Landen mitgebracht. Die gehen langsam zur Neige und wir haben Phasen, da essen wir das hiesige Weißbrot oder greifen auf Knäckebrot o.ä. zurück. Heute hatten meine Kaumuskeln große Sehnsucht nach gutem Brot. Auf dem Platz haben wir keinen Backofen und ich entwickelte schon vor Monaten meine Fähigkeit schmackhaftes Fladenbrot in der Eisenpfanne zu zu bereiten. So gab es heute Roggen-/Hafer-/Dinkelfladen zum Frühstück. Mit Nussmus, Obst und sardischem Honig, mmmh, ein Gedicht für meinen Gaumen. 

Ich sprach ja schon öfter von Entgiftung. Eigentlich dachte ich in einem recht gesunden Körper zu stecken, obwohl mir natürlich klar ist, wieviel schädlichen Dreck ich durch industrielle Lebens- und Genussmittel, das Wasser, was wir trinken und die Luft, die wir atmen, täglich zu mir nehme und das mein Darm, Leber, Lunge, überhaupt das ganze Stoffwechselsystem, da einen Haufen Arbeit damit hat. Welche Altlasten an Sondermüll allerdings in mir steckten habe ich nicht geahnt. Ich bekam es aber zu fühlen, als ich sie mit einer Schwefelkur begann, zu lösen. Ich fühlte mich regelrecht vergiftet mit Symptomen von Kopf bis Fuß. Konnte gar nicht genug Wasser trinken um sie auszuschwämmen. Seit 10 Tagen trinke ich nun jeden Morgen auf nüchternen Magen einen halben Liter frisch entsafteten Staudensellerie, pur. Der wirkt klärend, aber absolut und ich werde von Tag zu Tag lichter und leichter. Nicht in Kilo gemeint, ich behalte mein magisches Wohlfühlgewicht von 79 kg, aber das Gefühl in meinem Körper zu sein wirkt nicht mehr wie Blei. Auf „Heavy Metal“ stand ich sowie so noch nie…

Gestern traute ich mich sogar wieder mal zu klettern, barfuß in der Felswand. War kein großes Ding, der Versuch zählte. Alfred baut sich schon seit Wochen fantasievolle Klettergurte aus alten Seilresten und Karabinerhaken und möchte gerne mal wissen, wie das ist. Wir fanden heraus, das eine benachbarte Familie eine Kletterausrüstung dabei hat und so ging es gestern nachmittag an die Wand zum Schnupperklettern. Das Abseilen, was mir und sehr vielen anderen am meisten Spaß macht, war für ihn etwas überfordernd, aber beim nächsten mal wird es bestimmt angenehmer.  

Vor ein paar Tagen gerieten wir beide mit dem SUP (Stand Up Paddle-Board) eher zufällig in einen abenteuerlichen Papa-Sohn-Nachmittag. Wir kauften uns nämlich so ein Board, damit wir auch auf dem Wasser ein wenig mehr ins Entdecken gehen können. Hier gibt es zwar Kanus auszuleihen, aber das geht ins Geld. Kurzum, Alfred liegt vorne auf dem Board und ich sitze im hinteren Drittel und paddele an der Küste entlang. Da gibt es Felsenklippen zu umrunden und durch das klare Wasser wiegendes Seegras und die darin hausenden Fische zu erschnorcheln. Und dann kamen wir an eine Minibucht mit fantasievoll von der Natur geformten Brandungsfelsen. Vom Wasser aus sahen manche von ihnen wie alte Dinosaurier oder Elefanten aus. Wir bekamen Lust auf ihnen herum zu klettern und dann entstand der Wunsch von ihnen hinunter ins Wasser zu springen. Damit begann das wahre Abenteuer mit kleinen, aber in seiner Wirkung doch großen Mutproben. Ich checkte die Wassertiefe und die Felsen unter der Oberfläche und dann stand ich da und merkte, wie es in der Magengrube gribbelte. Alfred war ganz süß ermunternd: „Papa, das schaffst du. Spring einfach.“ Es dauerte ein Weilchen, aber ich sprang, Hände und Kopf voraus…und dann „PLATSCH“…wie ein Pfeil zischte ich hinein ins Reich der Fische. „Wuuuuuuuuuhhh“, wie toll. Ich wurde zum kleinen Jungen und wollte gleich nochmal und nochmal. Alfred wollte auch, ganz klar. Er lernte erst vor ein paar Wochen schwimmen und das hier war eine echte Herausforderung. Er kletterte nach der Stelle suchend, von der er sich traute zu springen. Er fand sie, aber die Überwindung war schwerer als gedacht. „Ich weiß gar nicht warum mir die Tränen kommen. Ich will doch springen, aber irgendwas fühlt sich verdreht an.“ Er lässt sich Zeit, wechselt mehrfach die Position und dann ist der Moment gekommen: Sprung! Ich empfange ihn von unten im Wasser und die Euphorieblase platzt. Seine Augen strahlen und schwups ist er wieder oben und springt erneut. Genial.

Es tut so unendlich gut dies zu erleben und ich freue mich als Papa mit meinen Kindern riesig an diesem Geschenk. In einem Urlaub von drei Wochen ist das genauso möglich, aber mit einem Jahr Elternzeit erwächst ein ganz anderes Daseins- und Lebensverständnis zwischen den Kindern und mir. Welch ein Glück uns hiermit zuteil wird ist nur ermessbar, wenn wir es in Vergleich setzen zu anderen, wohlbekannten Umständen: Papa ist auf Arbeit! Papa ist müde und k.o., Papa muss Geld verdienen…

Welch ein schräges und krankes System wir uns da geschaffen haben, beginnt man nur zu erkennen, wenn man heraus tritt und es von anderer Warte betrachtet. Eine Familie gehört einfach zusammen. Es braucht alle Teile im Miteinander, unterstützend, lernend, liebend, entfaltend. Das ein Teil permanent über lange Zeit heraus gelöst ist und in der Fremde sein muss um dort Geld zu verdienen, ist eine unnatürliche Haltung, die die Kraft der Familie minimiert und zerstört. Eine Gesellschaft, die so aufgebaut ist, kann auf Dauer nur kaputt gehen, da sie sich von innen heraus in ein nur schwer zu harmonisierendes Ungleichgewicht bringt. Da hilft auch kein Wellness, keine Therapien keine Krankenkasse, auf Dauer wird diese Form des Zusammenlebens sich selbst zerfressen, wie man ja sehen kann, an kranken und gestressten Kindern und Eltern. Welche Familie ist schon wirklich in Takt? Welche Verwandtschaft funktioniert? Wer hat nicht mit irgendwelchen Süchten, Krankheiten und Problemen zu tun? So ist das Leben bestimmt nicht gedacht. Das haben wir uns selbst so eingebrockt und manchmal ereilt mich der Verdacht, dass es von einer gewissen Sorte Mensch so gewollt ist. Wir sollen geschwächt werden, da wir so besser unter Kontrolle gehalten werden können und gehorchen. Unsere Kinder, von den Eltern die meiste Zeit getrennt, da diese arbeiten gehen, vom Bildungssystem verbogen, von Werbung verseucht und abhängig gemacht durch Konsum aller Art, von verblödeten Serien bis hin zu harten Drogen. Wenn sie Glück haben kommen sie durch, wenn nicht, dann… So erwächst große Angst und Verzweiflung auf allen Seiten und das eigentliche wundervolle Dasein als liebende und lebendige Wesen, die sich gegenseitig beflügeln können, wird uns nur noch als leere Werbehülse vorgegaukelt, die wir dann als totes Abbild kaufen können. 

Ich freue mich sehr darüber, dass es Menschen gibt, vor allem junge Familien, die sich abwenden und bewusst einen Weg einschlagen, der diesem System den Rücken kehrt. Leider sehe ich auch, dass ihnen Schwierigkeiten gemacht werden, sie in die Ecke gedrängt werden, diffamiert werden, abgestempelt werden. Ein altes Hausmittel der mächtigen Systeme: Ist dir jemand unlieb, dann brandmarke ihn. Setz Gerüchte über ihn in die Welt und der soziale Druck wird schon dafür sorgen, dass sie sich wieder einreihen oder sich selbst zerstören. Ich arbeite lange genug in der sozialen Arbeit und Pädagogik, um diese Strukturen gesehen zu haben und es fühlt sich nicht gut an. Ich beobachte. Ich suche keine Schuldigen, sondern wünsche mir Freiräume, in denen diese mutigen Menschen etwas Neues probieren können und ich wünsche mir dabei sein zu können, um meinen Kindern eine stark machende und liebesfähig und emphatisch machende Kindheit zu ermöglichen, die sie zu wahren Menschen macht und nicht zu digital ferngesteuerten Robotermenschen, willig Drohnenkriege zu führen und auf Knopfdruck Raketen auf Menschen abzufeuern oder Tod bringende Viren zu entwickeln und auf uns los zu lassen. 

Ich vermeide schon immer Konflikte, Kampf und Auseinandersetzungen. Da sitzt mir buchstäblich eine alte Angst im Nacken. Eine Schwäche von mir, deren Wurzeln und Ursprung mir mehr oder weniger unbekannt ist. Und ich will auch gar nicht kämpfen müssen, da ich doch sehen kann, dass da eine von Natur aus perfekte und heile Welt geschaffen wurde. Das Paradies ist doch da. Die Fülle ist doch da. Jeder Obstbaum produziert doch im Übermaß Früchte und Samen, so überbordend viel, dass genug für alle davon abfällt. Wasser ist genügend vorhanden, von Natur aus rein und nährend, eine wahre Naturmedizin, genau wie jede Pflanze. Das Wissen darüber existiert, aber die Menschheit glaubt nicht mehr daran. Und warum? Frage dich selbst und schreib mir deine Antwort.   

5 comments

  1. Wäre schön mal wieder was von meinen LeserInnen zu hören. Seit langem kein Kommentar mehr. Seit ihr noch dabei, oder schreib ich hier nur noch für mich selbst?

  2. Hallo Tommy, wir sind noch dabei. Es sind viele Anstösse, die bei einem selber Fragen auslösen. Sich aus dem Bestehenden zu lösen erfordert Mut und Vertrauen. Dies ist generell eine Herausforderung und zu den momentanen Zeiten eine noch grössere. Man ist leider allzuoft verhangen und macht sich selber abhängig von anderen und verliert dabei sich selber. Ich finde das, was ihr macht, toll und bin gespannt, wie es weitergeht. Ich wünsche Euch die richtigen Begegnungen, (denn schlussendlich ist der Mensch dann ja doch ein soziales Wesen.) Viele Grüsse Markus

  3. hi tommy,
    ich freue mich immer wieder, von dir zu hören/ lesen. dein toller schreibstil löst bei mir oft ein kopfkino aus. so fühle ich mich teilweise sogar so, als sei ich dabei. für dieses erlebnis bin ich sehr dankbar. mach weiter so. grüß deine family ganz lieb und fühlt euch herzlich gedrückt von mir

  4. Lieber Thommy, Tina und ich haben gerade Deinen Blog gelesen und sind da schon ein wenig zwiegespalten. Einerseits ermöglicht unsere Gesellschaft und das Gemeinwesen Eure gemeinsame Zeit und die tollen Erfahrungen als Familie. Und damit verbunden sind aus meiner Sicht auch gewisse Verpflichtungen notwendig. Andererseits ist da Tina sehr bei Dir und findet auch, dass es zu viel Arbeit für zu wenig Lebenszeit ist…..Wir spüren hier in Deutschland jedoch gerade sehr viel Aufbruch und Wechseistimmung bezüglich dieser Themen und das macht ja eher Mut und Zuversicht. Elternzeit, Gleitzeit, Home Office und sehr viele andere Modelle sind aus unserer Sicht ein guter Weg. Und ja, es dauert und braucht noch eine Weile…. In diesem Sinne sei gedrückt:).

    1. Schön, wieder eure “Stimmen” zu hören und hoffe, euch geht es gut. Natürlich kenne ich diese Zwiegespaltenheit und den Verpflichtungs- bzw. Verantwortungsgedanken sehr gut. Hier in der “Auszeit” verändert sich die Perspektive ziemlich schonungslos und der menschengemachte gesellschaftliche Systemzirkus bekommt einen äußerst fraglichen Charakter. Mein Vertrauen in Politik, Weltwirtschaft etc. ist leider total missbraucht und gebrochen. Das ist bei vielen so und wir nehmen es zur Kenntnis und machen weiter im Spiel, mit einer gewissen Gleichgültigkeit, die wir einnehmen müssen, sonst bricht es uns das Genick. Was aber wenn man nicht mehr wegschauen möchte? Was, wenn man neues probieren möchte und stößt an die Grenzen des Systems? Das sind heutzutage die Knackpunkte und viele treffen Entscheidungen, welcher “Seite” sie angehören wollen. Ich bin nicht so eingestellt, ich beobachte und halte meine Harmonie, in mir, in meiner Familie und dennoch scheint Konfrontation unausweichbar zu sein. Wohin das führen wird bleibt offen, doch bin ich überzeugt, wenn wir nicht mehr einem System hörig sind, keiner Religion mehr bedürfen und keinem Trend, Guru oder Werbeangebot hinterher laufen, aus eigener Kraft, dann erkennen wir, wer wir in Wirklichkeit sind und finden uns in unserer ureigenen Kraft wieder und die kann Berge versetzen, wenn nötig. Alles Liebe für Euch 🙂

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *