Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

From the blog

Gewächshaus Mensch

oder “Reif für die Insel”

Es ist faszinierend. Jede Begegnung scheint eine Antwort auf eine ungestellte Frage zu sein. Jede Info findet ihren Weg und trifft zur rechten Zeit bei der richtigen Person ein. Uns eröffnet sich ein wahrhaft endloser Garten an Möglichkeiten und es entstehen „echte“ Kontakte und Beziehungen in einer Art, die normalerweise lange Wachstumszeiten benötigen. Hier scheinen sie wie im Gewächshaus schneller und unkomplizierter zu gedeihen. Welcher Dünger liegt hier in der Luft? Man sieht keine klare Struktur, wie wir sie kennen, sondern es wird auf die Intelligenz des Lebens selbst gesetzt. Es fließt. Das Leben findet seinen Weg, genau wie der Regentropfen zum Meer findet. Die Grundidee ist simpel: Wir sind nicht getrennt von Mutter Natur, wir müssen sie nicht beherrschen und untertan machen, wie es einst hieß. Wir können einfach in tiefer Verbindung mit ihr sein. Indem wir unser Bewusstsein lauschend auf den Moment fokussieren und in das mit allem verbundene Selbst eintauchen, seiner gewahr werden, so wird uns ständig Antwort zuteil. Wenn wir an den Strom der lebendigen Existenz angeschlossen sind, dann funktionieren unsere Systeme ohne unsere menschlichen Krücken einer scheinbar modernen Welt. Die Sprache des Lebens, auf der Erde um uns herum, ist Spiegel unseres inneren Lebensraumes. Wenn wir tief ins Innere hören, bekommen wir die Antworten im Außen und umgekehrt.

Das klingt unglaublich? Ich habe es selbst schon oft erlebt und finde es hier in einer geballten Form wieder. Je mehr ich mich innerlich und äußerlich entschlacke, werde ich klarer und erlebe Dinge, die schon fast einer fantastischen Fiktion gleichen. Gedankliche Kommunikation scheint unweigerlich der nächste Schritt und die nächste Stufe zu sein, die hier in diesem „Gewächshaus“ keimt. Ich bin auf jeden Fall froh und freudig den Weg hierher gemacht zu haben. Wie sage ich immer so schön: Dein Focus bestimmt deine Realität! Das riesige Ausmaß dieser Behauptung bekomme ich zunehmend deutlicher zu spüren. Die gesellschaftliche Realität aus der ich komme, ist ein krankes Geschwür. Man braucht nicht viel Verstand dazu, um das zu erkennen. Doch solange wir uns in dieses kranke System eingliedern, mitmachen, es füttern mit unserer schwächer werdenden Lebenskraft, werden wir selbst das Geschwür und gehen daran zu Grunde. Wenn wir unseren Focus anderen Werten zuwenden, sie denken und reden, sie aktiv, radikal und absolut, in unser Handeln hinein weben, dann entsteht unweigerlich genau diese neue Realität. Hier an diesem Ort erkenne und erfahre ich die geballte Kraft dessen, was ich in abgeschwächter Form eigentlich mein ganzes Leben geübt habe. Gebündelt hat das Licht mehr Kraft und wenn es durch das Lupenglas geschickt wird, erhöht sich sein wirken umso mehr. Wir kennen das alles. Alle Weisheit, alles Wissen ist uns zugänglich. Wenn wir es richtig, in guter und wahrer Absicht anwenden, dann ist es das Paradies in dem wir ankommen. Darauf können wir warten, oder wach werden und es JETZT entdecken. Die Entscheidung liegt in jedem Moment bei jedem selbst. 

…aber dann, zwischendurch kommen in mir die ganzen „aber“-Fragen hoch, durchlöchern das gute Gefühl mit Zweifeln und Befürchtungen und schon komme ich ins wanken, schwanke und falle wieder in die vermeintliche Sicherheit des Altvertrauten zurück. Und genau diesen Punkt bearbeite ich gerade: Klar in meiner Absicht bleiben und tief hin spüren, was der Moment hinter/unter/über diesen Zweifeln für mich bereit hält. Der Gedankenspuk in meinem Kopf ist nur eine dünne Schicht, ein Schleier, der vorgibt echt und richtig zu sein. Doch er ist wie die gemalte Kulisse im Theater, nur die Projektion auf der Leinwand im Kino. 

Wir können die Kulisse wechseln so oft wir wollen, können dauernd einen anderen Film einlegen, die Leinwand bleibt gleich, sie wirft nur das Licht zurück, welches wir aussenden. Dann sollten wir doch bitte schön, den Film einlegen, den wir auch wirklich sehen wollen und uns nicht jeden Müll auf die Platte ziehen, der uns nur kirre macht. 

„Es kann ja nicht jeder auf eine Insel flüchten“ höre ich meinen, von der aktuellen Welt verbitterten, 86-jährigen Vater sagen. Stimmt. Aber es ist eine Möglichkeit sich von der auf allen Ebenen des Daseins vermüllten Welt zu entgiften. Die Veränderung, bzw. das in die Tiefe kommen (in-die-Gene gehen),  die notwendig ist, kann nur im Innern eines jeden Menschen beginnen und das geht sehr gut auf einer Insel. Hier entwickelt sich gerade eine gereinigte, mit der Schöpfung verbundene, Lebenskultur, mit dem Ziel der „Re-Humanisierung“ und der „Re-Naturalisierung“. Eine Kultur des „zurück geben“, wenn wir etwas genommen haben. Und wir Menschen haben der Natur so viel genommen, haben diesen Planeten und unsere eigenen Körper zu Grunde gerichtet, ohne etwas zurück zu geben. Menschen beuten Menschen aus, heute genauso wie in der dunklen Vergangenheit. Tiere werden zu Objekten erniedrigt und ungeheuerlich gequält und missbraucht, Pflanzen, wie Soldaten gezüchtet, mineralischer Raubbau getrieben… Es ist an der Zeit einfach Schluß damit zu machen und bei sich im Kleinen anzufangen, ohne wenn und aber. 

Meine Gabe ist u.a. das Singen und wenn ich bei untergehender Sonne auf dem Platz wandele und Gitarre spiele, singe und mit der Mundharmonika spiele, dann tanzen die Kinder um mich herum, kommen die neuen Nachbarn mit Kerzen und gesellen sich dazu um die harmonisierende Stimmung zu genießen. Wenn ich Freitag abends in der Bar spiele, dann macht es die Leute glücklich. Der sardische Boss der Campinganlage sagt in gebrochenem Englisch zu mir: „you make many people happy“. Und ich denke, ja, was wenn jeder mit seinem ihm/ihr zur Verfügung stehenden Potential und Talent, jeden Tag andere glücklich macht? Dann wären wir verdammt nochmal alle glücklich. Das Glück wäre sogar im Überfluss da. 

Wir beschenken uns hier andauernd gegenseitig mit glücklich machenden und nährenden Dingen. Sei es eine physiotherapeutische Behandlung, das Kochen für andere, das ausleihen und gemeinsame Nutzen von Dingen aller Art, das Verschenken von Sachen, die wir nicht brauchen, das Betreuen von Kindern, damit Eltern mal etwas anderes tun können, Yoga, Tanzen, Bauen…, die Liste ist endlos, und ohne die Erwartung von Gegenleistung, aus freiem inneren Impuls. Ein wahres Forschungsexperiment ist das, wirklich ausprobieren was geschieht , wenn wir alle so agieren. Dann verlieren wir den tief im Fleisch sitzenden Komplex von Schuld und Unvermögen. Es vergeht Neid und Missgunst, Angst und Einsamkeit, Mangel, Sorge und das Gefühl von Wertlosigkeit, denn es ist, mehr als benötigt, für alle da und was gebraucht wird, erscheint auf die eine oder andere Weise. Früher oder später. Ich stelle fest, hier eher früher als später. Ein paar Beispiele: Alfred will gerne Boot fahren und wir werden ein paar Tage später zum Kanutrip eingeladen. Der Boden ist toll zum Boule spielen und ich habe meine Kugeln nicht mit auf die Reise genommen. Habe noch niemanden spielen sehen. Dann treffe ich Henry und er holt aus den Tiefen seines alten Camper ein Täschchen und wir spielen. Bei seiner Abreise schenkt er uns seine Kugeln und meint, bei uns werden sie mehr genutzt. Felix hat in Deutschland eine Kite-Schule und macht hier ein Kite-Camp. Ich habe dadurch schon in den ersten Tagen die Möglichkeit das Kite-Surfen zu schnuppern, was mich voll glücklich macht. Hatte ich doch gedacht, wegen meines maroden Rückens könnte ich mir sowas nicht mehr zutrauen, Pustekuchen, geht! Die Beispiele würden mir beim erzählen nicht ausgehen, denn sie geschehen jeden Tag aufs Neue in großer Zahl. Es potenziert sich ihre Häufigkeit, je öfter und je mehr Menschen in diesem Bewusstsein handeln. Es ist wie mit dem Spruch über die Liebe, welche die oder das Einzige ist, was sich vermehrt, wenn du es gibst und verschenkst. Und wenn ich merke, dass das alte Muster von der Erwartung von Gegenleistung in mir sich meldet, dann suche ich sofort die Möglichkeit etwas zu geben und sehe, wie jemand glücklich wird und dann verschwindet es wieder. Das ist doch genial, oder?

Wenn das im Kleinen, zwischenmenschlichen Bereich so gut funktioniert, dann kann das auch im Großen gelingen, z.B. im Unternehmertum. Und so gibt es hier nun schon diverse Projekte, z.B. die Stiftung „Terra Humana“ oder die „Frei Fliegen“-Initiative, der Bau eines Heilzentrums sowie der Aufbau von Gartenland und das Entwickeln von sinnvollen, der Erde und den Menschen dienenden Bewässerungssystemen. Es wird gegenseitige Unterstützung mit anderen Projekten dieser Art weltweit aufgebaut. Es wächst hier wirklich ein neues, anderes, wünschenswertes Weltbild, eines, welches nicht auf Ausbeutung beruht, welches uns alle unserer wahren Natur näher bringt und der Natur auf allen Ebenen etwas zurück gibt, da bin ich mir sicher und es tut gut mitten drin und dabei zu sein. Es am eigenen Leib spüren, wie ich mich verändere: Aufhören mit Jammern, aufhören mit Kämpfen und Auseinandersetzen, aufhören mit Kräfte unsinnig verschwenden, aufhören mit unterdrücken/unterdrückt werden, aufhören Süchte zu nähren und dem Konsumrausch zu unterliegen, aufhören mit Funktionieren und Rädchen im System sein, aufhören Probleme zu wälzen, zu hoffen und zu warten, sich selbst zu belügen und zu beschränken, sich nicht zu trauen oder Vorwände zu finden… Wenn wir frei sein wollen, dann müssen wir ehrlich und unmaskiert hinschauen, was uns unfrei macht und uns schlichtweg davon befreien. 

Einfacher gesagt, als getan? Natürlich. Aber genau da gilt es anzusetzen, dem Zweifeln keine Kraft mehr zukommen lassen und den Sprung wagen und zwar JETZT, nicht später, morgen oder nächstes Jahr. 

Dieses JETZT erlebe ich als Gleichnis jeden Tag beim morgendlichen Sprung ins Wasser. Wenn ich den Sprung wage und tue, verändert sich die Realität schlagartig. Sofort bin ich in einem anderen Element, sofort stellt sich Wachheit ein, sofort komme ich in Bewegung und der Moment bekommt eine andere, vitale Qualität. Würde ich jedesmal hadern, soll ich, soll ich nicht, mir ist das zu kalt, das tut meinem Rücken nicht gut, heute lieber nicht, ich bin noch zu müde…, dann würden diese Zweifel ein Störfeld bilden und das reine Erleben negativ beeinträchtigen und mir würde wahrhaftig vielleicht ein Krampf, eine Verletzung oder schlechte Stimmung begegnen. Ungetrübt dessen wird es aber zu einem erhebenden Heilerlebnis, welches mich von Tag zu Tag kraftvoller werden lässt, nicht nur was meinen Körper betrifft, sondern es stärkt ebenso meinen Willen und fokussiert meine Intention. Um diese Erfahrungen machen zu können, bedarf es in meinem Falle ganz klar der langen Auszeit, die ich mir genommen habe. Ich brauche Zeit und Raum um da hinein gehen und es verinnerlichen zu können. Ich muss ungehindert ins Sein eintauchen dürfen, zu mir kommen dürfen, um dieses Sein dann gestärkt tiefer und wenn geht, immer zu spüren und zu leben, auch im Trubel einer verkehrten Welt. Deswegen ist die einsame Insel etwas absolut zuträgliches. Ob ich/wir hier bleiben, oder ob wir mit neuer Erkenntnis und gestärkter Authentizität in heimatliche Gefilde zurück kehren werden, weiß ich nicht und muss ich im JETZT auch nicht wissen. Ich mache gerade keine Pläne, da ich in den Moment eintauche und lerne alles andere loszulassen. Planen kommt dann, wenn es dran ist.

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