Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Erkennen

Uns im anderen zu erkennen, ist mittlerweile eine weithin erkannte und oft angewandte Weisheit, ein Erlebnis, eine Erkenntnis, eine Wahrheit vielleicht. Die Literatur ist schon seit langen Zeiten voll von diesem Gedanken und die modernen therapeutischen Verfahren und Methoden arbeiten erfolgreich damit. Das wir alle irgendwie genetisch miteinander verwandt sind, ist auch keine Neuigkeit. Es gibt viele Theorien und viel Wissen darüber, auf welche Weise wir seelisch, psychisch und physisch verknüpft sind, von Mensch zu Mensch und darüber hinaus mit der ganzen Schöpfung, von biologisch bis kosmisch. Mittlerweile wird das Wissen darüber reichhaltiger, spezifischer und das WorldWideWeb ist voll von wissenschaftlichen, esoterischen und spirituellen Botschaften, welche damit in Verbindung stehen. Und dennoch, im Alltag verfügen die meisten nicht über das nötige Jetzt-Bewusstsein, dieses simple Erkennen anzuerkennen oder überhaupt in ihre Wahrnehmung mit ein zu beziehen. Wir regen uns immer noch über den anderen auf, zeigen mit dem Finger auf ihn, greifen ihn an, verurteilen ihn. Selbst die, die eine bessere Welt wünschen und dafür kämpfen, gehen nicht in die Selbstschau, was der Spiegel der Außenwelt ihnen reflektiert.

Hier im Kreis sitzen ca. 30-40 erwachsene Menschen (plus viele dazu gehörende Kinder), die diesen Spiegel wahrscheinlich mehr in ihr Leben integriert haben als der Durchschnitt. Es sind gerade Kennenlerntage, initiiert vom Projekt „Mensch sein – Mensch bleiben“, hier auf dem Campingplatz in Coccorrocci. Es gibt eine Wiese im oberen Teil und auf der steht ein einzelner Eukalyptusbaum. Von hier kann man über die unteren Bäume hinweg, nach Osten, auf das Meer blicken. Jeden Tag kommt jemand vom Projekt um 10:00 vorbei und wir treffen uns zum Austausch im Kreis unter diesem Baum. Ein fast archaisches Bild. Es mischen sich stillende Mütter mit bärtigen Männern, Kindern, von klein bis halbwüchsig, bunt gekleidete Frauen und Männer mit spannenden wilden Frisuren. Auch dies ist ein schönes Bild und es ist Ruhe, als wir dazu stoßen. Man hört den Wind rascheln, Tauben gurren und erfüllen den Raum des Platzes mit friedlichem Klang.

Man spürt im ersten Augenblick, dass die hier versammelten Menschen schon viel im Leben gekundschaftet haben. Auf der Suche waren oder sind. Viel sich ausprobiert, erfahren und erkannt haben. So wie ich auch. Sie hoffen hier, im Schoß einer schon speziellen Insel, neue Wege gehen zu können. Die Stimmen, welche ich hier zu hören bekomme sind markant und unsere Sinne füreinander sind geschärft und aufmerksam. Es herrscht eine gewisse Faszination für die Aufbruchstimmung in der sich viele befinden. Hier gibt es nicht wenige, die in ihrer Heimat alles abgebrochen und verlassen haben. Und das sind keine jungen Hippies, wie manche vielleicht vermuten, sondern hier findet sich von ÄrztInnen, Rechtsanwälten, HandwerkerInnen, PädagogInnen, Piloten, Baubiologen und KünstlerInnen, bis zu WissenschaftlerInnen verschiedener Fachrichtungen alles zusammen. Und jede Menge Kinder, deren Eltern ihnen einen Lebensraum ermöglichen wollen, indem sie sich gemäß ihrer Natur entfalten dürfen.

Wir haben nun den ganzen langen Sommer vor uns und ich bin sehr neugierig und gespannt darauf, wie und was sich hier getan hat und tun wird, wie es sich anfühlt und ob es irgendwie Weichen für unser weiteres Leben stellen wird.

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