Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Des Pudels Kern

Nach soviel Camping-Erlebnis und W-LAN-freie Zeit, tut es gut wieder mal ein Hausdach über dem Kopf zu haben und abends mit den Kindern ein Filmchen als Gute-Nacht-Geschichte zu schauen. Hoch im Kurs steht neben Yakari, dem kleinen Indianerjungen mit seinem Pony Kleiner Donner nach wie vor die PawPatrol. Wir schauen sie auf italienisch. Das macht echt Spaß, klingt lustig und spornt an die Worte nachzuahmen.

Zu unserem Erstaunen regnet es gar nicht die ganze Zeit. Zwischendurch gibt es stets Sonnenphasen und unser Zelt und alles andere bekommen wir schon nach ein paar Stunden getrocknet. Unser kleines Häuschen hat 3 Appartements, wir sind die einzigen Gäste und können uns voll ausbreiten. Auf das Flachdach führt eine Wendeltreppe. Es ist komplett mit tollen mediterranen Fliesen belegt und von hier aus kann man die ganze Küste entlang und in die Berge schauen. Ein tolles Gefühl hier oben, aber bei Sonne ein Grill, da verdrücken wir uns lieber unter die Pergola unter Bäumen und bei Regen eine Großraumdusche. Wenn es hier gießt, dann richtig. Fette Tropfen und dicht. In kürzester Zeit entstehen reißende Flüsse, wo vorher staubige Trockenheit war. Das sollen wir auf Sardinien noch öfter erleben.

Wir erkunden die Gegend südlich von Pula und genießen traumhafte, fast menschenleere Strände. Für uns Nordlichter ist das paradiesisch. Ich renne immer wieder verspielt am Wassersaum entlang und spritze mit den Kindern wild mit Wasser um mich. Tauche ein in das kalte Nass und genieße den salzigen Geschmack des Meeres. Nichts weiter. Dieses Lebensgefühl erinnert mich stets an ein altes Lied von Konstantin Wecker, worin er singt: „Ich, ich lebe immer am Strand, unter dem Blütensaum des Meeres. Ich, ich sing ein Lied in den Sand…“. 

Die Erfahrung für ein Jahr alles loszulassen, wovon wir glauben, es sei so wichtig, machen leider sehr wenige Menschen. Wir denken stets etwas haben, erreichen, halten oder was auch immer zu müssen, aber letztendlich wird der wahre Schatz des Seins erst dann erkennbar, wenn er von all dem nicht mehr verdeckt und verdreckt ist. In Liebe zu sein, mit dem was ist, ist überall möglich, klar. Doch im Rhythmus eines Gesellschaftssystems mit dem ich nicht mehr konform gehe, wurde ich zunehmend kränker und älter. Alles verkam zu Ersatzhandlungen, nichts erfüllte mehr so richtig. Hier dürfen die Schlacken und Verkrustungen endlich mal Risse bekommen und abfallen. Nicht mehr durchhalten müssen und in der Hoffnung auf etwas Schöneres zu warten, sondern das Glück im Moment finden. Ich finde mich oft in Gedanken sagen: Boah, wie toll, so würde ich gerne leben…, ohne zu merken, dass ich es ja gerade JETZT tue. Das ist doch crazy. Wir träumen von einer Zukunft, von einem Sein, welches eigentlich schon längst da ist. Wir fragen unsere Kinder, was sie später einmal werden wollen, ohne sie darin auf Augenhöhe zu begleiten, was sie jetzt sind. Kinder, in ihrer mit auf Erden gebrachten Freiheit, Liebe und Neugier wachsen und gedeihen zu sehen, ist ein Wunder, ein göttliches Geschenk. Egal wie und wo, unter welchen schicksalhaften Verstrickungen auch immer, sie beschenken die Welt mit bedingungsloser Liebe. Und jetzt kommt’s: Wo ist das Kind in DIR geblieben? Dieses pure, wundervolle Geschöpf? Wann und wo beschenkst du die Welt mit bedingungsloser Liebe? Musstest du es auch unterdrücken, wegsperren und verleugnen? Ich habe es so satt. Ich lasse mein inneres Kind nicht weiter verkümmern. Ich will es nicht weiter wegdrücken müssen mit Konsum und vermeintlichen Sicherheiten. Ich will auch nicht ankämpfen gegen die Unterdrücker, denn zu denen gehören wir alle und genau betrachtet unterdrücken wir uns ja in letzter Konsequenz nur selbst. Ich will einfach nur Mensch sein, nicht mehr und nicht weniger. Leben und leben lassen, in freiem Miteinander, emphatisch und in sich geklärt, stimmig und rein.

Das sind die inneren Themen, die mich auf dieser Reise wirklich bewegen, alles andere ist nett und schön, aber nicht des Pudels Kern. Wenn ich ehrlich bin, will ich nicht zurück kehren in alte Fahrrinnen, dann würde ich verbittert vergehen, wie eine kranke, vergiftete Pflanze. Ich habe die Krankheit geschmeckt, sehe das Gift in mir, in all den mir lieben Menschen, sehe es in der Welt. Als ich vor ein paar Jahren mit einem verletzten Spinalkanal mein Hirnwasser wegfließen sah, wusste ich was das im Klartext heißt: „Du bist nicht ganz dicht!“ Ändere was, sonst ist das Leben hier beendet. Und wie schnell das geht habe ich bei meinem Bruder gesehen. Das sitzt tief. Aber es macht mir keine Angst, sondern facht meinen Mut an und ich singe wieder ein Lied in den Sand, ein fast vertraut, verträumt imaginäres, aber es ist das einzige was echt ist. Im Singen, Spielen, Tun, im Bewegen und Atmen, in alledem bin ich, So Ham, Ich bin. Tja, Sein oder Nichtsein…(War das Shakespeare oder Goethe?)

Aber wieder zurück in die Bilder der äußeren Welt: Flamingos. Ich kenne sie nur aus dem Zoo, wo sie in kleinen Grüppchen auf einem Bein herum stehen und sich langweilen. Ab und zu gehen die Köpfe hoch und runter und das wars dann auch schon. Na ja, die Farbe ist auch noch besonders. Als wir einen Ausflug in die Hauptstadt machen, führt die Straße an großen seichten Wasserflächen vorbei und was steht da? Rosafarbene Reiher? Potzblitz, nein, das sind ja alles Flamingos. „Mingos“ sagt Olivchen aus ihrem Kindersitz und wir bestaunen die vielen Vögel. Auf der Rückfahrt sehen wir sogar eine Gruppe in Formation fliegen, echt ein sich einprägendes Bild : ) alle hintereinander im eleganten Gleitflug. Das verbreitet Freude im Gemüt und lässt das Kind in mir unverseucht staunen.

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