Tommy Wild

Musician, Singer, Songwriter

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Offroad

Die Strecke führt bald in eine weite Ebene, welche von viel landwirtschaftlichem Anbau gekennzeichnet ist. Hier ist also die Kornkammer Sardiniens mit viel Getreide-, Gemüse-, Obst- und Weinanbauflächen. Die Straße ist gut ausgebaut und geht zur Abwechslung schnurstracks geradeaus so weit das Auge blickt. Es erinnert mich an das „Land wo Milch und Honig fließt“, Kalifornien. Dann ein Kreisverkehr und wieder eine lange Asphaltlinie zum Horizont, wo die schroffen, dennoch grün bewachsenen Berge immer näher kommen. Fast unmerklich wechselt das flache, in sanft ansteigendes Land und eh wir es so richtig bemerken sind wir schon mittendrin in den grünen Tälern und Höhen der Capo Verde, einem weniger berührten Küstenabschnitt im Südwesten der Insel. 

Bei der Recherche, wo wir einen geöffneten Campingplatz finden, gibt es eigentlich nur ein Ergebnis und das visieren wir an. Wir hoffen, nicht wieder vor verschlossenem Tor zu enden. Nein, das tun wir nicht, er hat offen, aber eine andere Überraschung wartet auf uns. Zuerst wird die Straße kurviger, enger und ist mit mehr Schlaglöchern gesäumt. Der Anhänger hat einen schmaleren Radabstand zwischen den Rädern, als der Berlingo. Wenn ich also vorne einem Loch ausweiche, dann haut hinten der Hänger garantiert rein und umgekehrt. Hinter mir taucht ein Linienbus auf, der mir im Nacken sitzt. Bei der nächstmöglichen Ausweichbucht, lasse ich ihn vorbei und es ist von hinten echt spannend zu zuschauen, wie er durch diese Kurven prescht. Die kleinen Buchten haben es auch in sich, da die Absätze manchmal von Auswaschungen 30-40 cm vertieft sind und ich schon die ein oder andere krachende Überraschung erlebte beim ausweichen.

Nun gut, dann führt es uns in eine lange Sackgasse von einigen Kilometern runter zum Meer. Zuerst geht es nochmal bergauf durch einen schmalen Talabschnitt und dann durch ein markant in den Berg gebautes Dörfchen in superengen Serpentinen nach unten. Es fühlt sich fast mittelalterlich an hier. Dann kommt ein Torbogen eines über die Straße gebauten Hauses, durch welches kein Bus und auch kein größeres WohMo passt und wir wundern uns, soll es doch hier zum Campingplatz gehen. Ein Stückchen weiter unten erscheinen direkt neben dem Weg seltsame alte Gebäude, die an ein Minenbergwerk erinnern. Und so ist es auch, noch ein Stück tiefer kommen wir in die geisterhafte Atmosphäre einer verlassenen Bergwerkssiedlung und die kleine geteerte Straße hört auf. Es geht weiter auf einer ausgewaschenen Schotterpiste, die eher etwas für Landrover und Jeeps ist, aber nicht für unser Gespann, zumal ich echt schlechte Reifen für solches Terrain habe. Wie dem auch sei, umkehren ist jetzt nicht mehr und wir schaukeln uns Meter für Meter nach unten. Ein Abschnitt ist besonders hart und ich habe echt Befürchtungen hier wieder bergauf zurück zu kommen. Die 4 km hier hinab fühlen sich an wie 20. 

Dann sind wir endlich da. Das Gelände des Zeltplatzes ist ebenso abenteuerlich angelegt wie die Straße und es ist sehr schwer unseren Hänger gut zu platzieren, aber ich bin guter Dinge und habe Spaß an solchen Herausforderungen. Wir richten uns super ein unter den Eukalyptusbäumen, ein wahres Dschungelcamp und haben zwei Tage gutes Wetter. Dann geht unser Gas zur Neige. Ebenso gibt es einen Wetterumschwung in der Nacht. Es stürmt und gewittert. Am nächsten Morgen klart es glücklicherweise wieder auf, aber die Prognosen sind für 5 Tage regnerisch und kalt. Wir lassen uns noch nicht ins Bockshorn jagen und entdecken die spektakuläre Dünenlandschaft bei Regen, die Sahara Sardiniens. Auf Sandpiste kommen wir bis zum Meer runter und genießen diesen großen Spielplatz bei einsetzendem Regen und der hört dann gar nicht mehr auf. 

Zurück im Camp baue ich noch ein Regendach, ziehe Gräben ums Zelt und wir richten alles so, daß wir am nächsten Morgen zügig abbauen können. Die Nacht ist laut vom Geprassel des Regens und vom harten Donner des Gewitters. Als der Morgen dämmert entdecken wir, dass eine Naht im Dach nicht gut versiegelt ist und das tropfende Wasser Alfreds Schlafsack und Matte schon durchnässt hat. Unter der Matte schwimmt schon eine Lache und ich bin sauer. Neues Zelt…

Der Abbau wird zur Schlammschlacht und wir packen jede Menge nasses und verdrecktes Zeug ein. Dann bugsieren wir den Hänger aus dem Terrain und die zum Fluss gewordene Schotterstrasse hinauf. Immer wieder spannend mich selbst zu beobachten, wenn solch eine schwierige Situation gemeistert werden will. Ich bin klar und ruhig, aber gespannt wie ein Flitzebogen und wehe es stört etwas meine Konzentration, dann werde ich ungehalten. Vor uns versucht ein kleines Wohnmobil die Auffahrt im Schritttempo, mir ist es viel zu langsam und ich lasse ihm stets etwas Vorsprung und schliesse dann wieder zügig auf. An der kniffligen Stelle brauche ich Platz und die nötige Geschwindigkeit um mit der Bluebox im Schlepptau zügig durch zu fahren. Es klappt, puh, dann überhole ich den Hymer und atme tief durch, als wir wieder geteerten Boden unter den Reifen haben. Die Fahrt durch den Regen wird zur Waschanlage für unsere vom Schlamm verdreckte Kiste und wir bewegen uns südlich. Stephanie sucht uns via Internet eine Ferienwohnung für die bevor stehende Regenzeit und wir rollen nach Pula, etwas südlich von Cagliari, der Hauptstadt Sardiniens. Wie wir auf den Hof rollen, nochmals tiefes durchatmen: Geschafft. Jetzt erst mal verschnaufen und alles langsam wieder trocknen und säubern.

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